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Frau B. ist einigermaßen empört. Und um das kundzutun, verwendet sie überproportional viele Satzzeichen in ihrer E-Mail, die sie voller Wut und Abscheu verfasst hat.

Und das kam so.

Vor ungefähr eineinhalb Jahren hegte Frau B. den innigen Wunsch, einen Hund haben zu wollen. Aber bitte nicht irgendso ein langweiliges Vieh, sondern bitte ein besonders exotisches und edles Exemplar.

Und so entschied sie sich für einen Autralian Cattle Dog.
(Das ist in dem Zusammenhang wichtig, um zu verstehen, warum ich mich überhaupt darauf eingelassen habe.)

Da „das ja eh alles Geldmacherei sei“ kam der edle „Sidney“ (sic!) nicht aus irgendeinem Zwinger, sondern war „ein echtes Kind der Liebe“ aus einer nicht minder liebevollen Hobbyzucht, wie mir Frau B. versicherte.

Nun finde ich diese Hunde perse erstmal recht interessant und habe nicht sofort wieder aufgelegt, als ich die Noch-Hundehalterin das erste von gefühlt hundert Mal am Telefon hatte.

Auch wenn ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann, warum man ausgerechnet bei der Anschaffung eines Hundes sparen muss und ihn dann ausgerechnet „Sidney“ und nicht „Sydney“ nennt.

Mit Sidney jedenfalls lief es wohl eher so semitoll, der edle Rüde würde ziemlich an der Leine ziehen und auch ansonsten eher schlecht als recht hören.

Auf meine Frage, ob Frau B. es denn schonmal mit Erziehung probiert hätte und vielleicht mal einen Hundetrainer zu Rate gezogen habe, erwiderte sie, dass sie sich mit Hunden auskenne und dem entsprechend niemanden dafür bezahlen müsse, dass der- oder diejenige ihr erzählt, was sie nämlich eh schon weiss.

Was genau das sein sollte, konnte mir die energische Dame allerdings nicht verraten und nachdem sich in mir das Gefühl breit gemacht hatte, dass wir beide nicht zusammenkommen, beendete ich das Telefonat. Vorerst.

Denn am nächsten Tag klingelte erneut das Telefon.

Für Menschen, die mich am Telefon nerven, habe ich einen einfachen Trick. Ihre Nummer speichere ich unter „Nicht drangehen“ ab und kann so spontan entscheiden, ob ich mit ihnen reden möchte oder – wie in dem Fall – lieber nicht.

Blöderweise hatte ich das Abspeichern im Falle von Frau B. vergessen und so ging es in die zweite Runde:

Heute wäre etwas schlimmes passiert. Der Sidney hätte sich an der Leine aufgeführt wie ein Derwisch und nun, so versicherte mir Frau B., hätte sie keine Kraft mehr. Sidney müsse weg.

Keine Anhnung, was mich in dem Moment geritten hatte.

Vielleicht die Tatsache, dass der Hund mit seinen 18 Monaten nicht so schlimm sein könne, vielleicht wollte ich ihn auch retten – in erster Linie vor seiner anstrengenden Besitzerin, die am Telefon darauf bestand Sidneys „Besi“ zu sein.

Jedenfalls sagte ich zu, ihn zu übernehmen.

Frau B. war selig und würde sich dann melden, wann sie ihn bringt.

Nächste Runde: Frau B. rief zum dritten Mal an und erklärte mir, dass sie es nicht über das Herz bringen würde, den armen Hund in fremde Hände abzugeben.

++++ Live-Ticker +++++

Donnerstag, 9:45 Uhr: Sidney hat nach jemanden geschnappt, er muss auf der Stelle weg. Und auf der Stelle heisst sofort! Eine Bekannte würde Frau B. und das Untier fahren und sie würde ihn gegen Mittag bringen.

Donnerstag, gegen Mittag: Von Frau B. keine Spur.

Donnerstag, 17:30 Uhr: Frau B. hat mir eine Whatsapp geschickt, dass sie sich nun doch eine Hundetrainerin suchen wolle.

Donnerstag, 20:45 Uhr: Das alles tut Frau B. fürchterlich leid, aber nun wird alles gut.

Freitag, 11:00 Uhr: Keine Ahnung, was Sidney nun wieder angestellt hat, jedenfalls geht das so nicht weiter. Und die Hundetrainerin hat sich auch nicht gemeldet. So eine Frechheit, hatte sie doch fast 12 Stunden Zeit dafür.

Freitag, 13:00 Uhr: Frau B. hat kein Auto, ob ich Sidney abholen könnte. Öhm, nö. Ich muss arbeiten.

Samstag, 7:15 Uhr (Sag mal, Spinnt die?): Frau B. organisiert jetzt eine Fahrkette.

Samstag, 15:00 Uhr: Frau B. hat jemanden gefunden, der Sidney ein dauerhaftes Zuhause geben möchte.

Samstag, 17:15 Uhr: Doch nicht.

Samstag, 20:30 Uhr: Doch.

Sonntag, 10:00 Uhr: Der Akku von meinem Telefon war zwischenzeitlich leer, in der Zeit gab es noch ein „Doch nicht“  und dann wieder ein „Doch“.

Sonntag, 15:00 Uhr: Frau B. hat wenig Verständnis dafür, dass ich gerade mit meiner Freundin beim Kaffee sitze. Trotzdem fasst sie sich kurz (ca. 30 Minuten). Mit dem Sidney und den Interessenten, das wird nichts. Er macht nämlich einen total unglücklichen Eindruck auf sie.

Ich biete ihr ein letztes Mal an, den Hund zu übernehmen. Sie willigt ein. Ihre Bekannte würde Sidney bringen.

Sonntag, 17:00 Uhr: Whatsapp von Frau B.: Sidney würde dann morgen gebracht werden, sie hätte sich 600 Euro „Schutzgebühr“ vorgestellt, die ich dann bitte in bar mitbringen soll.

Sonntag, 17:15 Uhr: Ich starre immer noch ungläubig auf mein Telefon.

Sonntag, 17:30 Uhr: Ich erkläre Frau B., dass ich grundsätzlich nichts für Hunde bezahle, die ich bei mir aufnehme.

Sonntag, gegen 20 Uhr, Frau B. per E-Mail:

Eine „Unverschämtheit“ sei mein Verhalten ihr gegenüber und „Menschen wie Sie“ (damit meint sie mich) seien Schuld daran, dass unschuldige Hunde eingeschläfert würden. Des Weiteren könne sie sich sehr gut vorstellen, wie ich „in Saus und Braus“ lebe, weil ich doch „mit dem Weiterverkauf der Hunde“ bestimmt ein „riesiges Vermögen“ machen würde.

An dieser Stelle muss ich anmerken, dass die folgenden Zeilen kein Scherz sind:

Jedenfalls würde sie mich „nicht weiterempfehlen!!!“ und überhaupt, eine Tierkommunikatorin hat in der Zwischenzeit mit Sidney gesprochen und der einzige Grund, warum er sich so aufgeführt hat, war der, dass er auf keinen Fall mir überlassen werden wollte.

Na, da habe ich ja noch mal Glück gehabt.