Kurz – polemisch – angemerkt (2)

Eines dieser lustigen Sprüchebilder, die einem auf Facebook und sonstwo begegnen, lautet in etwas so:

„Verrückt, dass es dutzende verschiedene Futtersorten für ein Tier gibt, dass ohne zu zögern seine eigene Kotze frisst.“

Ein Kollege sagte zum Thema:

„Ich kann Deine Familie, Deine Frau und Deine Kinder beleidigen, aber wehe ich sage was über deinen Hund. Geschweige denn über sein Futter.“

Ja, beim Thema Hunde- und vor allem Katzenfutter kennen Tierfreunde kein Erbarmen.

Noch ein Zitat:

In einer Hundegruppe für Gebrauchshunde, die ja eigentlich per Definition besonders leichtfüttrig sein sollten, kam die Frage aus, wer denn seinem Hund was füttere. Ein Bekannter antwortete:

„Schon immer Pedigree“

Darauf brach ein Sturm der Entrüstung los. Schließlich – und nach dem Hinweis, dass das nur ein Witz war und er in Wirklichkeit lebendige Katzen verfüttern würde – schmiss man ihn aus der Gruppe.

Forderungen nach körperlicher Züchtigung, sofortiger Wegnahme des geschundenen Hundes und ewigwährender Verbannung inklusive.

Gerade kocht die Futterdiskussion mal wieder besonders hoch.

Der Grund: Der Lebensmittel-Multi „Nestlé“ übernimmt den „Premium“-Futtermittelhersteller „Terra Canis“. Und Nestlé, das wissen wir alle, ist Pfuibäh und kommt direkt aus der Hölle.

Jetzt könnte ich an der Stelle mal nachfragen, wer eigentlich weiss, welche Marken zu Nestlé gehören? Oder zu Unilever, das ist der zweite Multi. Oder Mars? Nicht ganz so bekannt, aber nicht minder riesig oder irgendwie netter. Aber egal.

In diesem speziellen Fall werden gleich mehrere empfindliche Punkte getroffen, die für Empörung sorgen:

  1. Objektiv betrachtet ist Terra Canis ziemlich teuer. Die Qualitativ ist sicherlich hervorragend für ein Tier, dass wie oben erwähnt, ohne zu Zögern seine eigene Kotze frisst.
    Dennoch werden – wie bei allen anderen auch –  Schlachtabfälle so aufgehübscht, dass Frauchen sich am liebsten reinlegen würde. Wer sich mit den Inhaltsstoffen beschäftigt, wird also schnell bei der – noch nicht von Multis aufgekauften – Konkurrenz fündig, wenn sie oder er seinen Unmut kundtun möchte. Also, warum der Ärger?

    Der Grund, warum Menschen für ein Kilo Hundefutter mehr als das 20-fache dessen ausgeben, als sie beispielsweise für ihr Hühnerbrustfilet vom Aldi hinblättern würden, hat wenig mit dem Bedürfnis des Hundes und dafür umso mehr mit einem Bedürfnis des Hundehalters zu tun: Nämlich der Welt kundzutun, dass man ein ganz besonders aufopfernder Mensch ist, der weder Kosten noch Mühen scheut, seinem geliebten Vierbeiner ein bestmögliches Futter zu bieten.

    Und mit der Terra Canis-Tüte und den stylisch bedruckten Dosen (Ist das schon Shabby oder noch Fifties?) kann man genau das ganz hervorragend demonstrieren: Den ganzen Weg vom Hundefutter-Delikatessenladen bis zum SUV mit dem Kohlendioxidausstoss eines chinesischen Kohlekraftwerks.

  2. Außerdem sind wir ja umwelt- und marktbewusst, weshalb wir gerne einen Laden wie TC (ich kürz das ab sofort ab) unterstützen. Denn das Marketing hat erfolgreich suggeriert, dass Frau Ornau und Herr Doktor Vogler persönlich den ganzen lieben langen Tag im eigens angelegten Kräutergarten rumjäten, um die Petersilie für das Feinschmeckermenü höchstselbst zu drapieren. Denn bei TC kommen ausschließlich feinste Dingsbums in die Pampe und selbst die Schlachtabfälle stammen nicht etwa (wie bei allen anderen) aus dem Schlachthaus, sondern von liebevoll zu Tode gekuschelten Nutztieren, die eh sterben wollten. Aber in Lebensmittelqualität, Baby!

    Was die Bio-Milch aus dem Aldi für das schlechte Gewissen des umweltbewussten Verbrauchers ist, war sozuzusagen  TC für den verantwortungsbewussten Hundehalter. Und nun das: Ausgerechnet, ich wiederhole, a u s g e r e c h n e t, dieses Unternehmen, das immer, ständig und zu jeder Zeit nur das Wohl der Hunde und nie wirtschaftlichen Erfolg im Blick hatte, wird von Nestlé „geschluckt“. Was in etwa so klingt, als wenn nachts irgendwelche Schurkenmanager Frau Ornau überfallen und sie zur Unterzeichnung des Vertrages unter der Androhung, ihren Hund mit Frolic zu vergiften, nötigten.

Liebe Leute, das ist Bullshit! Der Sinn eines Unternehmens ist es, Gewinn zu erzielen. Andernfalls kann man eine gemeinnützige Organisation gründen – da hat man sogar Steuervorteile. TC hatten nie andere Pläne und waren sogar so nett, relativ offen zu kommunizieren, dass sie Geld verdienen wollen. Zum Beispiel, in dem sie für horende Summen Werbung schalteten, Hundemagazinredakteure in ihre heiligen Hallen hineinließen und auch ansonsten weder Kosten noch Mühen scheuten, ihr Produkt an die Frau (und ein paar Männer) zu bringen.

Während bei Facebook und anderswo Tierfreunde nach Boykott rufen, können sich die Verantwortlichen bei TC vor Verzweiflung also von ihren Geldbergen stürzen.

Denn die allermeisten Verbraucher in Deutschland haben noch nie von TC gehört. Das wird die Marketingabteilung von Nestlé zu ändern wissen. Die paar Empörten fallen da nicht weiter ins Gewicht.

Willkommen in der Markwirtschaft.