Das Steh-Stehkipp-Schlappohr-Dilemma

Wenn man einen jungen Hund sein eigen nennt, dann ergeben sich viele Fragen. Wie erziehe ich ihn richtig? Welches Futter ist am besten geeignet? Welche Junghundegruppe ist die beste? Wie kriege ich es hin, dass der kleine Drecksack nicht immer laut kläffend zu fremden Leuten rennt? Wie hat er das schon wieder geschafft? Und überhaupt, wie soll das nur enden?

Die wichtigste, bedeutenste und existentiellste Frage ist beim Teufelchen im Moment aber eine ganz andere: Wann kommen verdammt nochmal endlich die Stehohren?

Spätestens seitdem F. sich darüber lustig macht, dass Klein-Arco laut ihrer Aussage wie ein Retriever-Mix aussieht und Tom ihn als Hüte-Labbi bezeichnet hat, liegen meine Nerven blank. Immerhin ist er ein echter Harzer Fuchs und die haben Stehohren! Sein Vater hat welche, seine Mutter hat welche und seine Geschwister auch. Nur Arco nicht, die Lappen sind so lang, dass er beinahe drüber stolpert. Aber das kommt noch … oder etwa nicht?

Wenn er auf dem Rücken liegt, dann stehn se schonmal. Und heute – ganz kurz – da stand das rechte Ohr auch für einen Moment. Bevor es wieder in bester Pluto-Manier zum Schlappohr wurde. Hrmpf.

Versteht mich nicht falsch, natürlich mag ich Arco, ein toller Hund, nur Quatsch im Kopf, Michael würde sagen, ein Kevin.

Aber das mit den Ohren, das macht mich fertig. Da bin ich eitel. Als ich ihn mit 8 Wochen bekommen habe, da waren es eindeutig Stehkippohren und es schien sich nur noch um eine Frage der Zeit zu handeln, bis sie stehen würden. Dann kam der erste Wachstumsschub. Und wie sie wuchsen. Die Ohren. Und Klein-Teufelchen sah aus wie ein hochbeiniger Basset.

F. hat natürlich schnell begriffen, dass da mein wunder Punkt liegt. Und so wird jeder noch so kleine – natürlich nuuur neckisch und liebevoll gemeinter Spruch meinerseits mit übelstem Schlappohren-Bashing gekontert. Gestern habe ich heimlich auf dem Klo Bilder von Harzer Füchsen angesehen und musste etwas weinen …

Ich habe es F. nicht verraten, weil ich weiss, dass sie sich die nächsten Wochen schlapp lachen würde. Aber beim mittäglichen Hundelüften ist es passiert. Eine junge Frau kam auf mich zu und fragte: „Ist der süß, ist das ein Golden Retriever?“

In meinen Gedanken hätte ich sie dafür gerne erschlagen. Golden Retriever … hat die eine Macke? So eine dämliche Ziege. Meine Reaktion „Mit so einem hässlichen Köter würde ich besser ruhig sein.“ wurde dann auch mit allgemeinem Unverständnis quittiert.

Aber naja, was soll man machen? Nun warte ich ab, der nächste Wachstumsschub ist schon im Anmarsch. Und auch wenn Wetten gegen mich laufen, ich gebe die Hoffnung nicht auf. Sie werden stehen, sie werden prächtig.

Und wenn nicht, naja, mit den Witzen kann ich leben lernen müssen, und so ein Hüte-Labbie ist ja auch was ganz besonderes. Darauf ein Sahnebonbon.

Update: Hell Yeah!!!! Sie sind da 🙂

Schwangere Sozialpädagoginnen from Outer Space

 

Betimmte Erlebnisse sind wie Wein. Sie benötigen etwas Zeit zum Reifen, damit sie so richtig gut werden. Und so hat es auch fast ein Jahr gedauert, bis ich über die folgende Geschichte so richtig herzhaft lachen konnte. Aber zäumen wir das Pferd von hinten auf.

E-Mail vom 20. Oktober 2012:

„Solche Leute wie Sie veranstalten am Wochenende doch bestimmt Hundekämpfe.“

Meine Antwort vom 21. Oktober:

„Am Wochenende haben wir Gruppen, Hundekämpfe immer mittwochs.“

Was war passiert? Nun, irgendwann letztes Jahr war es, als ich eingeladen wurde, einen Workshop zu halten. Auf die Frage nach dem Thema antwortete ich „Körpersprache geht immer.“ und so wurden die Veranstalterin und ich uns recht schnell einig.

Am Telefon machte die Dame einen robusten Eindruck und versicherte sich nochmal rück, dass ich kein „Wattewerfer“ wäre, wie sie es nannte. Das würde nämlich nicht passen, sie und ihre Kunden wären eher pragmatisch, so erklärte sie mir und überhaupt, dieses ganze Leckerchengewerfe und Heititei wäre so garnicht ihres. Kein Problem, die Übungen kann man ja anpassen.

Ihres war das nicht, meines auch nicht, und auch nicht Sache der meisten Teilnehmer, aaaaber: Einige Besucherinnen des Workshops waren gänzlich anderer Meinung.

Und so stand ich da, konfrontiert mit dem Clash der Kulturen.

Links die Heititei-Fraktion, die schon beim ersten vermeintlich hundererziehungspädagogisch zweifelhaften Wort ihre Smartphones zückte, um eine Petition zu starten. („Er hat Abbruch gesagt, er hat Abbruch gesagt.“)

Rechts schliesslich die Kundinnen der Hundeschule, die ihren Hunden deutlich und sehr zum Unmut der linken Seite klarmachten, wenn ihnen etwas nicht passte und – um dem ganzen die Krone aufzusetzen – ein Teilnehmer der ganz, ganz alten Schule, dessen Hund passender Weise auch Hasso hieß.

Achja, und die Sozialpädagogin – hochschwanger, hochemotional, hochsensibel und vor allem verliebt und höchst entzückt von ihren völlig unerzogenen Bearded Collie, der während der gesamten Veranstaltung in einer Tour aus seiner Nylonbox rauskläffte. Aber dazu später.

In einer solchen Konstellation kann man eigentlich nur alles falsch machen.

Um mich dem Thema Körpersprache anzunähern, dachte ich mir, dass ich mit einer „Mensch-Mensch-Übung“ starte. Die Aufgabe, dass zwei Menschen einen dritten mittels Angebot und Einschränkung an einen vorher definierten Punkt zu führen, nutze ich gerne zum Einstieg, da man sehr gut sehen kann, wie durchsetzungsfähig die Leute sind, wenn es mal nicht um den Hund geht.

In diesem Zusammenhang habe ich gelernt, dass Menschen, die sich niemals gegen ihren Hund durchsetzen würden, keinerlei Probleme damit haben, einen Menschen körpersprachlich so lange in die Ecke zu stellen, bis dieser die Flucht ergreift. Dem Hassobesitzer musste man derweil öfter mal klarmachen, dass Körpersprache und Körperverletzung nur auf dem ersten Blick ähnlich klingen.

Der erste wirklich große Schock ereilte die Teilnehmerinnen aus der linken Ecke des Seminarraums denn auch, als ich sämtliche Hilfsmittel (Leckerchen, Klicker, Superleckerchen, Gigaleckerchen etc.) konfiszierte und dreisterweise von ihnen verlangte, auf „Feinfeinfein“ und „hiiiiiiiiiaaaaa“ für einen Nachmittag zu verzichten. Die Erkenntnis, dass der Mensch oft nur noch halb so interessant ist, wenn der fressbare Anreiz fehlt, traf sie hart aber nicht unvorbereitet.

Sofort prasselten die Erklärungen auf mich ein, dass der Hund das sonste könnte, dass die Situation ja auch mal sowas von unrealistisch wäre und überhaupt, wie man denn von einem Hund nur etwas einfordern könnte.

Herrn Hasso juckte das währenddessen herzlich wenig, ein schiefer Blick in Richtung Vierbeiner reichte und der arme Hund streckte sofort die Segel.

Ja, und dann war da noch der Bearded Collie, der immer noch nicht heiser war und nun angeleint am Zaun vor sich hin kläffte, fiepte und auch ansonsten ein ganz schönes Theater veranstaltete.

Irgendwann bat ich die Pädagogin, den Köter bitte mal abzustellen, weil man sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Genau das sei ja ihr Problem, erklärte sie mir, denn das Vieh macht dieses Theater den ganzen Tag. Außerdem wäre er ja erst drei Jahre alt und sehr sensibel. Mit Blick auf die Teilnehmerinnen, die nicht vom Wahnsinn befallen aber dafür schon ziemlich entnervt waren, entschloss ich, dass es Zeit zum Handeln war und bot an, dass ich das „Abstellen des Hundes“ für die überforderte Besitzerin übernehmen würde … Die Dame sagte zu, ich erklärte ihr, was ich als nächstes tun würde und sie war einverstanden. Noch.

Es gibt so Hunde, die würden Kevin heissen, wenn sie Kinder wären. Diese Kategorie von Kind, das „Höhö, eine Herdplatte“ sagt, draufgreift, kurz „Aua“ ruft und dann nochmal draufgreift. Und es gibt so Kinder, nennen wir sie Kimberly, die gelernt haben, dass man nur laut genug schreien muss, um sofort von der Mama gerettet zu werden und zu ihrem Recht zu kommen. So ein Exemplar war dieser Bearded Collie.

Er am Zaun. Kläffend. Ich geh hin. Ungefähr einen halben Meter, bevor ihm vermeintlich Ungemach droht, fängt er an zu jaulen, als wenn ich ihm grad ein Frolic in den Hintern gesteckt hätte. Frauchen wird erst bleich, dann rot, dann hysterisch und schliesslich fassungslos. Tränen fliessen. Meine Erklärung, dass ich den Sauköter nichtmal berührt habe, kann ich mir sparen. Die Birne ist geschält.

Immerhin blieb mir die Notentbindung auf dem Hundeplatz erspart. Und der Hund war den Rest des Tages ruhig. Immerhin …

Chuck

Ich: „Nookie, ich ziehe Dir jetzt einen Maulkorb auf.“
Nookie: „Wenn Du versuchst, mir einen Maulkorb aufzuziehen, bringe ich Dich um.“
Ich: „Ach weißt Du, Maulkörbe sind eh überbewertet.“

Nookie, eigentlich Nanook, ist ein Malamute-Husky-Mix. Wir nennen ihn der Einfachheit halber einfach „den Malamuten“ und jeder, der uns kennt, weiß beischeid. Er gehört F. und da F. gerade auf einem Reggae-Festival weilt, arrangieren der Nook und ich uns so einigermaßen. Naja, so einigermaßen trifft es nicht ganz. Denn Nookie kann ganz schön zubeissen, wenn ihm irgendetwas nicht passt. Was genau das ist, entscheidet Nookie spontan je nach Tagesform. Mal passt es ihm nicht, wenn ich den leergefressenen Napf wegräumen möchte, mal passt es ihm nicht, wenn ich den Napf stehenlasse. Mal ist er übellaunig, weil ich ihn reinrufe und ein anderes Mal, wenn er draussen bleiben soll. Manchmal stört ihn, wenn ich ihn streichle, mal wenn ich es nicht tue. Und manchmal reicht es, wenn ich atme. Oder eben nicht.

Nun ist der Maulkorb ab und Nook sieht überhaupt nicht ein, warum er ihn wieder aufsetzen sollte. Leberwurst? Pfft. Keine Chance.

Alles in allem also ein Hund, der perfekt in unseren Haushalt passt.

Gut, „Nanook“ ist nicht unbedingt der kreativste Name für einen nordischen Hund. Aber da wissen wir uns zu helfen.

Kommen wir morgens in die Küche, sagen wir „Na Nook“, wenn er etwas lassen soll, sagen wir „Nein Nook“ und wenn wir abends ins Bett gehen, sagen wir „Nacht Nook“. Wir finden das wahnsinnig komich und können uns darüber kringelig lachen.

Nichts zu lachen hatten dagegen Nookies Vorbesitzer. Nachdem er ein paar Mal herzhaft zugebissen hat und diverse Hühner ihr Leben für den Versuch, Nookie an das Federvieh zu gewöhnen, lassen mussten, landete Nookie schliesslich bei uns. Dabei hatte Nookie durchaus eine behütete und schöne Kindheit. Keine groben Erziehungsfehler, keine Traumata – Nookies Familie hat viel dafür getan, dass er ein angenehmer Begleiter mit allen dazugehörigen Annehmlichkeiten wird. Nur das Nookie einen solchen Lebensstil nicht besonders schätzt.

Und immer, wenn uns jemand fragt, wie „der arme Hund sooo werden konnte“, antworten wir: „Er war schon immer so, er ist ein Arschloch!“

F. schaute sich damals das Foto vom Nookie an und war auf der Stelle verliebt. Aus Erfahrung mit anderen nordischen Typen war sie sich sicher, dass man „den schon hinkriegt“. Die Erfahrung mit Nookie beweist derweil, dass die Ausnahmen die Regeln bestätigen. Trotz der Tatsache, dass der Nook grummelig und übellaunig durchs Leben läuft und nach Belieben zwischen Kuscheltier und Killerbestie pendelt, ist er F.s große Liebe. In einem Forum hat sie über ihn referiert und ich muss zugeben. Ein bisschen eifersüchtig war ich schon.

Dozentin: „Möchtest Du Nanook mal anleinen?“Teilnehmer: „Ich glaube Nanook möchte nicht angeleint werden.“

Gleich zwei nette Menschen, die sich aus welchem Grund auch immer mit dem Thema Tierkommunikation beschäftigen, hatten angeboten, Nookie mal mittels zugesandten Foto zu analysieren und ihre Einschätzung abzugeben. F. und ich, die wir beide nicht daran glauben, dachten uns, dass das ja mal eine gute Möglichkeit wäre, zu überprüfen, was da dran wäre, an der Tierkommunikation.

Erstaunlicherweise waren sich beide Kommunikatorinnen einig, was unseren Nookie angeht. Eine griff denn auch gleich zum Telefon und musste es unbedingt loswerden. „Dieser Hund ist böse. Noch nie habe ich soviel Boshaftigkeit gespürt wie in dem Moment, in dem ich das Bild geöffnet habe. Seid bloß vorsichtig, irgendwann wird er einen von Euch töten!“ Wow.

Nunja, es gab schon so einige Situationen, in denen ich froh war, dass der Nook einen Maulkorb auf hatte. Zum Beispiel, als ich im Winter mal im Schnee ausgerutscht bin und Nook meinte, dass das die Gelegenheit wäre, mir zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat. Oder als er sich einen einzelnen Socken aus dem Wäschekorb geklaut hat und ihn verteidigte, als wenn es das Kleidungsstück die letzte verwertbare Beute für mindestens sechs Monate wär.

Jetzt gerade ist Nookie mit dem Rest der Nicht-Hütehunde im Hof und spielt. Und wenn man ganz genau hinschaut, sieht man, dass er ein bisschen mit dem Schwanz wedelt. Aber ganz heimlich.

Ich: „Nookie, willst Du einen Keks?“Nookie: „Wenn Du mir einen Keks gibst, lehne ich mich an Dich und du darfst mich kraulen.“
Ich: „Ich hab Dich lieb, Nookie.“

Achso, warum dieser Artikel „Chuck“ heisst? Weil Nookie der Chuck Norris unter den Hunden ist.

Ein offener Brief an die Bundestierärztekammer

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Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundestierärztekammer,

hiermit möchten wir auf Ihre Pressemitteilung “Dem Hunde, wenn er wohl erzogen …” vom 20. Juni 2013 Bezug nehmen und wie folgt Stellung beziehen.

Natürlich stimmen wir Ihren Ausführungen dahingehend zu, dass der Begriff “Hundetrainer” nicht geschützt ist, sich also jeder unabhängig von seiner Qualifikation so bezeichnen kann, und dass man selbstverständlich im Fernsehen beobachtete Trainingsmethoden nicht ohne vorherige Konsultation eines Experten ausprobieren sollte.

Ihrer Empfehlung, bei Erziehungsproblemen einen Tierarzt mit Zusatzbezeichnung „Verhaltenstherapie“ oder gar – wie von Ihnen geschildert – den Haustierarzt aufzusuchen, widersprechen wir jedoch entschieden.
Ein Verhaltensproblem beim Hund zu analysieren und zu beheben setzt umfangreiches verhaltensbiologisches Fachwissen und vor allem praktische Erfahrung voraus. Des Weiteren sind grundlegende didaktische Fähigkeiten im Umgang mit dem Hundehalter von Nöten.

Voraussetzungen, die ein Tierarzt innerhalb der zweijährigen nebenberuflichen Weiterbildung in “mindestens 50 Stunden” in Form von “Teilnahme an von der Tierärztekammer anerkannten Fortbildungs- oder Weiterbildungsveranstaltungen über Ethologie und Verhaltenstherapie für Tierärzte” erlangen soll.

Ferner soll sich der angehende Tierarzt mit Zusatzbezeichnung theoretisch und praktisch “mit Verhaltenstherapie in Einrichtungen der tierärztlichen Bildungsstätten, Tierärztlichen Kliniken und/ oder in der eigenen oder fremden Praxis, die sich mit Fragen der Tierhaltung und der Verhaltenstherapie befassen” beschäftigen und den Nachweis von “mindestens 25 Falldokumentationen” erbringen.
Der Aufgabenbereich umfasst dann schließlich “Nutz-, Heim- und Haustiere”, also keineswegs nur Hunde.
(Quelle: Landestierärztekammer Niedersachsen)

In unserer täglichen Arbeit mit verhaltensauffälligen Hunden in Tierheimen haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich der verhaltenstherapeutische Ansatz vieler Tierärzte in der Gabe von Medikamenten, der Empfehlung von Kastration und schließlich leider auch in der Euthanasie des betreffenden Tieres erschöpft.

So erleben wir immer wieder Hunde, die mit Psychopharmaka ruhig gestellt werden, anstatt dass an dem Problemverhalten gearbeitet würde. Die Symptome werden überdeckt, aber das eigentliche Verhalten bleibt bestehen. Und bei Absetzen oder Änderung der Medikation fällt der Hund zurück in seine erlernten Verhaltensmuster. Des Weiteren besteht die Gefahr von Neben- und Wechselwirkungen, die nicht nur auf die Gesundheit des Tieres negative Auswirkungen haben können, sondern auch auf das Verhalten des Tieres.

Außerdem liegen uns zahlreiche dokumentierte Fälle von eklatanten Fehleinschätzungen von Seiten der Tierärzte vor. So wird unerwünschtes Verhalten häufig als Verhaltensstörung diagnostiziert und mit Serotonin-Hemmern behandelt oder Aggressionsverhalten fehlinterpretiert und eine Kastration vorgeschlagen, die sich wiederum verhaltensändernd bemerkbar macht.
Wir sind der festen Überzeugung, dass solche Fälle nicht in böser Absicht oder auf Grund von Fahrlässigkeit passieren, sondern dass die Weiterbildung ihren Fokus zu sehr auf den kurativen Aspekt legt und des Weiteren der Zeitraum von zwei Jahren kaum ausreicht, um die oben erwähnten notwendigen Voraussetzungen für ein ganzes Spektrum von Tierarten zu erlangen.

Darüberhinaus halten wir den Trend für bedenklich, auf unerwünschtes Verhalten dergestalt zu reagieren, dass man einen Arzt aufsucht. In den allermeisten Fällen rühren Verhaltensprobleme aus ungünstigen Beziehungskonstellationen.

Genau wie man bei einem unerzogenen Kind erzieherisch tätig werden sollte, anstatt es mit Ritalin oder ähnlichen Medikamenten zu behandeln, gilt dies auch für das Leben mit dem Hund.
Beziehungsprobleme lassen sich nicht medikamentös beheben! Und dass organische Ursachen einem unerwünschten Verhalten zu Grunde liegen, erleben wir in unserer Arbeit sehr selten.

Wir sehen die Aufgabe des Tierarztes in der Gesunderhaltung und Behandlung von Krankheiten bei Tieren. Für diese hochprofessionelle und anspruchsvolle Tätigkeit ist den Tierärztinnen und Tierärzten unsere Hochachtung gewiss.
Beziehungs- und Erziehungsarbeit verorten wir jedoch bei gut qualifizierten Hundetrainern und Verhaltensberatern, die auch in der Lage sind, vorab eventuelle gesundheitliche Probleme des Tieres durch den Verweis an einen Tierarzt auszuschließen.

Wie oben beschrieben stimmen wir Ihnen in Ihrer Einschätzung des Berufsbildes von Hundetrainern zu. Deshalb sind wir der Meinung, dass wir dringend einheitliche Qualitätsstandards für die Arbeit mit Hunden benötigen. Die Tierärztekammern haben ja bereits in Niedersachsen und Schleswig-Holstein eine Zertifizierung für Hundetrainer ins Leben gerufen, insofern wundert uns, dass sich Ihre Empfehlung nicht dahingehend gestaltet, auf die von den TÄK zertifizierten Hundetrainer zu verweisen.

Und so drängt sich uns der Verdacht auf, dass Sie mit Ihrer Pressemitteilung weniger Aufklärung und Hilfestellung leisten wollen als vielmehr die Verunsicherung der Hundehalter zu nutzen versuchen, um diese in die Tierarztpraxen zu lotsen.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Heberer,
1. Vorsitzende Tierschutzverein Tiere in Not Odenwald e.V.
2. Vorsitzende Landestierschutzverband Hessen

Normen Mrozinski
1. Vorsitzender Tierschutzverein LASSY.org e.V.

Christiane Engisch

Miriam Warwas

Mustafa Irmak

Marcel Hein

Christine Ilse Wasiljew

Carolin Padberg

Janine Pachaly

Michael Kohlstedde

Wir räumen das schon weg.

Nachtrag: Es gab eine Reaktion auf diesen Artikel, die Ihr hier findet!

Was haben Pepper, Ben und Rocky* gemeinsam? Alle drei Hunde wurden eingeschläfert, weil sie gebissen hatten und im Anschluss wahlweise von Tierärzten mit Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie oder von Hundetrainerinnen als untherapierbar eingestuft wurden.

Dies sind nur drei Fälle, die mir persönlich bekannt sind. Bekannt, weil es jeweils tierliebe Menschen gab, die die Einschätzung der Expertinnen nicht geteilt haben und  dem entsprechend bei uns angefragt haben, ob wir helfen könnten. Eingeschläfert, weil wir keine Kapazitäten hatten oder weil unser Hilfsangebot nicht angenommen wurde.

Diego, Aleo und Nanook wiederrum sind unsere Hunde, d.h. wir haben sie adoptiert – nachdem sie von Fachleuten als untherapierbar eingestuft und ebenfalls eingeschläfert werden sollten. Am Wochenende bekommen wir wohl Zuwachs, ein Border Collie-Mix, der – Ihr ahnt es schon – am 18.6. seinen Einschläferungstermin gehabt hätte, wenn nicht ein umsichtiger Mensch in letzter Minute eingeschritten hätte. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Tierärztin, die der Einschläferung ohne ausgiebiger vorheriger Inaugenscheinnahme zugestimmt hatte, gleichzeitig die Leiterin des Tierheimes ist, welches den Hund vorher abgelehnt hatte.

Kollege Mario, bei dem die Hündin nun erstmal zwischengeparkt ist, schrieb mir an diesem Abend über Facebook: „der Hund ist jetzt bei uns, ist scheinbar eine total nette, momentan sind wir nur völlig fassungslos, daß der Hund heute nachmittag eineschläfert werden sollte.“

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Es ist immer das selbe.

Wir bekommen momentan täglich Anfragen, ob wir einen Hund nach einem oder mehreren Vorfällen aufnehmen können. Fast immer sehen wir uns mit der mehr oder weniger offenen Drohung konfrontiert, dass wir den Hund entweder aufnehmen oder er den Gang alles Vergänglichen geht. Und wir stehen mit dieser Belastung nicht allein da, alle Freunde und Kollegen, die sich solcher Hunde annehmen berichten ähnliches. Und in den letzten Monaten werden die Anfragen mehr und mehr und mehr.

Hinterfragt man im ersten Gespräch mal ein wenig die Geschichte des Hundes, erhält man immer wieder ähnliche Aussagen. Das Tier wurde in der Hoffnung auf einen treuen Begleiter angeschafft, man hat sich im Internet schlau gelesen und zig Bücher gekauft. Man hat Welpenstunden und Junghundekurse besucht. Und später, als der Hund dann angefangen hat, unerwünschtes Verhalten zu zeigen, hat man drei, vier, fünf Hundeschulen aufgesucht, die einem samt und sonders nicht helfen konnten. Irgendwann eskaliert die Situation soweit, dass eine Lösung her muss. Und zwar möglichst jetzt.

Ein Beispiel:

Vor einigen Monaten haben wir einen jungen altdeutschen Hütehund aufgenommen, der insgesamt 22 Mal (!) den Lebensgefährten der Besitzerin gebissen hatte. Mit 13 Monaten wohlgemerkt. Nun war die Besitzerin schwanger und erwartete in Kürze das Kind, dem entsprechend musste eine Lösung her.

Die erste Hundetrainerin hat natürlich erstmal eine Angst diagnostiziert und den Tipp gegeben, über Leckerchen und Heititei das Verhalten wegzuloben. Mit dem Ergebnis, dass der Hund – nun positiv bestärkt, in dem was er tut – erst richtig losgelegt hat. Dazu kam der „Tipp“ von der Expertin, dass es tierschutzrelevant sei, den Hund aus dem Schlafzimmer zu schmeissen. Das das Hütitüti den Lebensgefährten regelmäßig im gemeinsamen Bett stellte und herzfaft zuschnappte, wenn dieser es wagte, aufzustehen, wurde glattweg ignoriert. Scheiss auf die Gesundheit des Menschen, der arme Hund fühlt sich sonst allein. Fehlt eigentlich nur die Empfehlung auf getrennte Wohnungen.

So ging es weiter. Hundi wurde positiv bestärkt und hat im gesamten Trainingsprozess nicht einmal eine Grenze aufgezeigt bekommen. Wenn das Tierchen drohte, ging man ihm halt aus dem Weg, wenn er zubiss, wurde das Verhalten ignoriert – klar, in dem Moment hatte man auch andere Probleme – und zudem ziemlich wahllos in das Geknurre und Gedrohe reingelobt.

Als wir den Hund schliesslich übernommen haben, hatten wir einen völlig ungehemmten Köter am Bein, der wie ein dreijähriger Junge völlig ausflippte, wenn irgendetwas etwas nicht seinen Vorstellungen entsprach. Futter wurde genutzt, um es zu verteidigen, statt es zu fressen. Und wenn nichts „wertvolles“ da war, tat es auch ein Fusel, der gerade im Weg lag. Wenn man in einem solchen Moment nicht aufgepasst hat, ging der Kerl böse nach vorne und man hatte alle Hände voll zu tun, den Hund wieder von sich abzuflücken.

Natürlich sind solche Situationen nicht immer nett und man muss schon aus Selbstschutzgründen hin und wieder pragmatisch handeln– und so gab es in den sozialen Netzwerken teilweise heftige Reaktionen aus der Ecke der „Gewaltfrei“-Fundamentalistinnen, aber dazu später.

Noch ein Beispiel:

Im Januar 2012 bekamen wir einen Hilferuf von einer Bekannten. Eine junge Frau, Anfang Zwanzig, die auf ihrer Webseite ihre langjährige Erfahrung mit Problemhunden anpreist, hatte sich einen Border Collie aus einer Arbeitslinie ins Haus geholt, um ihn zu therapieren.

Der Hund hatte bei seinen Vorbesitzern, tschuldigung, „Besis“ gebissen und das Mädchen fand es augenscheinlich ziemlich cool, sich ein Projekt aufzubürden.

Ihre Fähigkeiten dazu hatte sie für viel Geld bei einem bekannten Ausbildungsinstitut erworben, musste jedoch sehr schnell feststellen, dass romantische Vorstellungen und verquere pseudowissenschaftliche Ergüsse mit der Realität oft nicht viel gemein haben.

Um die Fortschritte zu dokumentieren, führte sie ein „Pflegestellentagebuch“, in dem sich so witzige Passagen finden wie:

„Ich habe mich SOFORT weg gedreht und den Blick abgewendet, dennoch hat er mir nochmal in den Arm gebissen. Als ich zurück ging, den Blick weiter abgewendet, hat er los gelassen und dann noch ein zweites Mal angesetzt. Ich habe einfach nichts mehr gemacht und lediglich gemieden ihn anzusehen, daraufhin hat er dann ab gelassen.“

Da so etwas ja eine schwere Verhaltensstörung sein muss (Achtung Ironie!) suchte sich das Mädchen Hilfe bei einer Verhaltenstierärztin, die sogleich festgestellt hat, dass hier nur Medikamente helfen können. Vorher wurde er natürlich kastriert. Dem Hund Grenzen zu setzen und aggressives Verhalten einfach mal abzubrechen (ja, das böse Wort), dass kam weder der jungen Frau noch der Veterinärmedizinerin in den Sinn.

Stattdessen wurde der Hund medikamentös eingestellt und vorab schonmal die Euthanasie in den Raum gestellt:

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Auf Grund des Hilferufs unserer Bekannten habe ich damals angeboten, dass wir den Hund aufnehmen, mit ihm arbeiten und ihn weitervermitteln. Allerdings entsprach das nicht den Vorstellungen der Therapeuten, da wir ja ein Tierheim wären und sie den Hund ausschließlich in eine Endstelle geben würden. Die Begründungen für diese Entscheidung waren vielfältig, der arme Hund, der dem Stress ausgesetzt wäre, der Hundehalter, der von Null an neu beginnen müsste etcpp. Behalten wollte die junge Frau ihn aber augenscheinlich auch nicht.

Und so bekam ich einige Wochen später eine E-Mail von der Bekannten mit dem Inhalt:

(Name des Hundes) lebt definitiv nicht mehr :-(((
Ich muss das erstmal sacken lassen.

Diego <3

Diego ist wie oben beschrieben mein Hund, ich habe ihn aus einem Tierheim übernommen, weil er dort nicht zu managen war. Er zeigte keinerlei Frustrationstoleranz und ging „aus dem Nichts“ ins ungehemmte Beschädigungsbeißen, sobald sein sehr dünner Geduldsfaden gerissen ist.

diego3

Ein Beispiel: Diego ist sehr distanzlos und fordert von allen Menschen Streicheleinheiten ein. Er lehnt sich an, bekommt seine seine Zuwendung und – Bäm – innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde dreht er sich um und attackiert den Menschen, der ihm eigentlich etwas gutes tun will. Weitere Beispiele wären Hundebegegnungen, bei denen er umlenkte, An- und Ableinen, In der Nähe stehen sowie jegliche unbekannte Situationen und jeder Hauch von Stress.

Diegos Vergangenheit ist nachweislich von Gewalt geprägt und er wurde von seinem Vorbesitzer heftig verprügelt. Irgendwann hat Diego gelernt, dass er sich Menschen vom Hals halten kann, in dem er seine Zähne einsetzt. Dazu kamen ungünstige Lernerfahrungen und Generalisierungen, was schliesslich dazu führte, dass Diegos Attacken jegliches Normalverhalten vermissen liessen. Der biss nicht zu, der rastete aus und verlor sich völlig in seiner Attacke.

Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin nahm sich Diego an und erarbeitete mit ihm den Maulkorb, so dass man nach Monaten endlich mit ihm spazieren gehen konnte – wenn man diese Tortur denn so nennen will.

Den fragwürdigen Geografiekenntnissen einer lieben Freundin ist es zu verdanken, dass ich eines Tages ins Tierheim fuhr und Diego begutachten sollte.

Da stand ich nun mit seiner Gassigängerin, am Horizont passierte irgendetwas und Diego legte los, attackierte heftig in Arme, Bauch und in Richtung Gesicht und  – es passierte nichts. Schliesslich hatte die zu Rate gezogene Hundetrainerin empfohlen, die Attacken zu ignorieren und abzuwarten, bis der Hund von seinem Opfer abließ. Das diese Vorgehensweise nicht viel mehr als blaue Flecken bei der Gassigängerin hinterließ, jedoch keinerlei Verhaltensänderung bewirkt hat, brauche ich hier nicht zu erwähnen, sonst wäre er ja nicht bei uns.

Oben habe ich erwähnt, dass Diego Opfer von massiv übergriffigen „Erziehungsmethoden“ geworden ist. Sogar am Abgabetag hat sein Vorbesitzer ihn noch sehr übergriffig behandelt, so dass eine Tierheimmitarbeiterin eingreifen musste. Diego ist tatsächlich einer dieser Fälle, in denen von Tierquälerei gesprochen werden kann. Dennoch darf, nein, musste auch Diego lernen, dass er mit seinen Attacken nicht zum Ziel kommt. Und auch bei einem Hund wie Diego muss ein solches Verhalten adäquat unterbunden werden.

Die Betonung liegt hier – und sage ich gerne deutlich –nicht auf nett und positiv bestärkend, sondern auf adäquat und fair.

Eine solche Aussage ruft in den sozialen Netzwerken und Hundeforen naturgemäß hysterische Reaktionen hervor und ich kann mir schon vorstellen, wie demnächst der Shitstorm über uns hereinbricht, weil im Fernsehen zu sehen ist, wie ich mit reality-gescrypteten Alphawurf einen Hund aus der Attacke hole. Und natürlich wissen sie es alle besser, die Facebook-Gruppen und die ganzen „Tierquälerei“-schreienden Damen, die Hundetrainerinnen und der komische Petitions-Messi.

diego-chico

Da hätte ich nur eine Frage!

So weit, so gut. Nur eines noch. Wenn Ihr es wirklich besser wisst und wenn Eure Methoden wirklich so toll funktionieren, wie Ihr es auf Euren Webseiten, bei Facebook und  sonstwo rausposaunt, wie kann es dann sein, dass alle die von mir genannten Hunde im Tierheim oder in der Tiefkühltrühe gelandet sind?

Alle Hunde in meinen Beispielen, und wie gesagt, mir fallen noch viele weitere ein, sind samt und sonders bei solchen Hundetrainerinnen und Hundetrainern gelandet, die im Internet die absolute „Gewaltverneinung**“ propagieren, denen einfaches „Nein!“ schon zu brutal ist und die mittels intermediärer Brücke, Zeigen und Benennen, Doppelten Rückruf oder was weiss ich an ihren Hunden rumdoktorn.

Und die mit GENAU DIESEN Hunden gearbeitet haben. Also, warum sind die Hunde hier?

Wenn Zeigen und Benennen so gut funktioniert, wie kann es sein, dass der Hund trotzdem weiterbeißt, bis es zur Abgabe kommt? Und wenn sich alle Welt über Frau Nowak empört, weil sie inakzeptable Methoden anwendet, wie kann es dann sein, dass gleich vier der Empörten nicht in der Lage sind, mit den hochmodernen neuesten Erkenntnissen, die sie propagieren, einen 9 Monate alten schnappigen Aussie in den Griff zu bekommen?

Natürlich kenne ich auch die ganzen Ausreden von unkooperativen Haltern, dass man den Hund von vorneherein hätte positiv arbeiten müssen, mangelnder Bindung, Hundeschul-Hopping oder irgendwelchem Blödsinn von Deprivations- oder noch besser Prägeschäden.

Am Ende des Tages ist es so, dass Ihr euch gegenseitig dafür abfeiert, dass Ihr die großen Hundeseelenversteherinnen seid, während wir noch den Müll aufräumen, den Ihr bei Euren Kunden hinterlassen habt.

Und ich hätte manchmal nicht wenig Lust, einfach jeden einzelnen dieser Fälle öffentlich zu machen und Euch eiskalt an den Internetpranger zu stellen. Oder noch besser, Euch besuchen zu kommen und Euch mal so richtig aversiv die Meinung zu geigen. Aber auch so etwas stellt schliesslich eine Form der Gewalt dar, auch wenn Ihr das augenscheinlich anders seht, wenn man Eure Äußerungen so verfolgt.

Und Gewalt, die lehne ich grundsätzlich ab!

 

* Die Hundenamen habe ich geändert, schliesslich will ich niemanden verpetzen.
** Gewaltverneinung gilt selbstverständlich nur für Hunde, bei Menschen sind sie weniger zimperlich.

Empörung!

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Unter Hundetrainern scheint es alter Väter Sitte zu sein, jeden Anlass zu nutzen, um der Konkurrenz einen mitzugeben. Zuletzt durfte das „Die Hundeflüstererin“ erleben. Eine Sendung des ZDF, welches ja für besonders blutrünstige und unseriöse Berichterstattung bekannt ist, in der ein Kamerateam Frau Nowak bei der Arbeit begleitet hat. Sofort fanden sich jede Menge empörte Menschen, die unsägliche Tierquälerei gesehen haben wollten und sofort eine Petition ins Leben gerufen haben, um dem Intendanten des Senders mal so richtig die Meinung zu geigen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, wer sich so alles an dieser Petition beteiligt hat. Da sind sich so manche prominente Gesichter sich nicht zu schade, um ihren Namen für die vermeintlich „gute Sache“ herzugeben. Ob es diesen Menschen wirklich um die armen Hunde geht, darf durchaus bezweifelt werden.

Nun habe ich mir gedacht, das probierste auch mal aus und habe ebenfalls eine Petition ins Leben gerufen. Und da mir gerade kein Hundetrainer eingefallen ist, den ich gerade dissen will, habe ich der Einfachheit halber eine Petition gegen mich selber eingereicht.

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Um eine Petition zu starten reicht es aus, über einen Facebook-Account zu verfügen, mit dem man sich bei Change.org einloggen kann. Das System überprüft weder die Identität noch den Inhalt und hat auch nicht gemerkt, dass ich Petitionsstarter und -Empfänger in Personalunion bin. Aber egal, also habe ich einfach mal einen möglichst blödsinnigen Text eingegeben, vielleicht überprüft ja irgendjemand, gegen wen oder was ich aufbegehre:

Normen soll es lassen – egal was!

Weil er mal wieder so dermaßen tierschutzrelevant und obendrein peinlich war, er total unwitzig ist und obendrein klotzenhohl, sollte er in Sack und Asche kriechen und sich in den Schlaf weinen. Unmöglich, wir sagen Pfui, Herr Mrozinski, Pfui!

Folgende Nachricht wird mir geschickt, wenn jemand die Petition unterzeichnet:

Empfänger:
Normen Mrozinski
Erstens bist du sowas von tierschutzrelevant, zweitens siehst du echt doof aus und drittens hast Du Mundgeruch und Schweissfüße!

Mit freundlichen Grüßen
[Ihr Name]

Nix ist. Und siehe da, mit ein bisschen Unterstützung der sozialen Netzwerke finden sich schon jetzt über 30 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, die mein Anliegen unterstützen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die meisten glauben, dass es sich dabei nur um einen Spass handelt. Doch Glücklicherweise gibt es dann doch noch einige verantwortungsbewusste Tierschützerinnen, die mir ordentlich die Meinung geigen. So schreibt Jessica R. als Begründung für ihren unermüdlichen Online-Einsatz für eine bessere Welt:

Wer Hunde schlecht behandelt soll es lassen – egal was!

Wahnsinn! Nur noch gut 1960 Unterschriften und ich muss es lassen – egal was!

Mal verliert man, mal gewinnen die anderen

Es gibt so Momente, da würde ich mit den Hunden am liebsten Dinge anstellen, die mir einen Riesen-Shitstorm einbringen würden.

In den letzten Tagen häufen sich diese Momente und so langsam neige ich zu der Tendenz, dass das nächste Haustier ein Goldfisch wird. Aber vo vorne.

F. ist nicht da, sie bildet sich fort – weit genug weg, damit sie mein Fluchen nicht hört. So bin ich momentan alleinerziehend und habe neben meinen – natürlich perfekt erzogenen Hundies (*hüstel) – noch die impertinente Brut von Frauchen am Bein. Spass beiseite. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass sich die Bande, als ich dem Bulli in Richtung Norddeutschland hinterwinkte, zusammengesetzt und sich abgesprochen hat. „Wir nutzen die nächsten 12 Tage, um den Typen so richtig in den Wahnsinn zu treiben.“

Ganz klare Aufgabenverteilung:

„Baboo, du kletterst auf die Anrichte und schmeisst was runter, während du, Edda, den Wassernapf umschmeisst. Wenn er uns dann rausschmeisst, fangt Ihr, Reaggea und Tacker, an wie wild zu kläffen, während Du, Polly, vor der Tür stehst und fiepst. Ihr anderen sucht derweil nach Dingen, die man zerlegen kann. Wenn er dann die Küche gewischt hat, uns ins Haus holt und sieht, was wir draussen angestellt haben, geht es in Phase 2. Während er draussen anfängt aufzuräumen, ist es an der Zeit, dass der Welpe reinpinkelt und die Rüden anfangen, sich im Wohnzimmer zu kloppen, während die Dogge einen ordentlichen Schluck auf dem frischgefüllten Wassernapf nimmt, um sich einmal herzhalft zu schütteln.“

Zu zweit stellt die Bande ja gerne mal eine Herausforderung dar, ist man allein mit ihnen, können sie einen schonmal fertigmachen. Und das funktioniert in den letzten Tagen eigentlich ganz gut. Wenn ich meinen Hautwiderstand messe, komme ich zu erstaunlichen Ergebnissen.

Im Haus ist es eh erstaunlich, welche McGuyver-Qualitäten die Tierchen an den Tag legen, wenn es darum geht, an Gegenstände zu kommen, die a) teuer, b) nicht zu ersetzen oder c) eine Riesensauerei verursachen. Ich habe kurz darüber nachgedacht, sie heimlich dabei zu filmen, aber ich bin mir sicher, dass sie dann die Videokamera kaputt machen.

Neben dem hervorragenden Teamwork unserer Lieben, hält natürlich jeder einzelne noch seine ureigene kleine Verhaltensspezialität für mich bereit. So hat der eine gerade seine Leidenschaft fürs Jagen entdeckt und nutzt die Gelegenheit, dass die andere wirklich alles frisst, was ihr beim Gassigang unter die Schnauze kommt. Sie nimmt was auf, ich nehm’s ihr weg und er macht auf zu neuen Abenteuern.

Dazu kommt, dass die eine festgestellt hat, dass sie jetzt läufig werden muss, was die Rüden der Schöpfung wiederrum zum Anlass nehmen, in mehreren Schichten Markierungsarbeiten vorzunehmen, um so ganz klar zu machen: Wenn ich dürfte, wie wollte, dann würde ich können. So hat sich die firedvolle Gruppenhaltung bis auf weiteres erübrigt, weil die Hündinnen sich zusammengesetzt haben, um zu beschliessen, dass wenn die eine läufig ist, werden sie erstmal zickig.

So habe eine strikte Geschlechtertrennung vorgenommen, was pünktlich zur Nachtruhe durch beiderseitigen Chorheulen quittiert wird. Bis auf den Welpen, der kläfft.

Heute ist Bergfest, wie man so schön sagt. Am Wochenende kommt F. zurück. Ich glaube, bis dahin werde ich noch einen netten Brief vorbereiten und mich rechtzeitig zu Sonntag einweisen lassen. Die Reaktion der Hunde darauf, kann ich mir vorstellen. „Hi five, hat ja super funtkioniert. Oh, da ist Frauchen. Damit die den so richtig für bekloppt hält, benehmen wir uns ab jetzt vorbildlich.“

Der Teufel hat sich gut verkleidet

Eigentlich wollte ich ja in den letzten Tagen mal so richtig vom Leder ziehen.

Zum Beispiel gegen die komische Tante, die sich ihre verschwurbelte Hundewelt einfach dadurch erklärt, in dem sie ein paar Fakten, die jedem 10-jährigen, der „Was ist Was: Hunde“ gelesen hat, geläufig sind, einfach weglässt. Oder die komischen Hausfrauen, die jetzt eine Webseite betreiben, auf der sie ihre Form der Walldorfschen Stuhlkreis-Hundeerlebnispädagogik dadurch zum EINZIGWAHREN stilisieren, in dem sie VIEL IN GROSSBUCHSTABEN schreiben und alles, was ihnen nicht passt, als Ursache für jegliches Hundeproblem dieser Erde darstellen.

Der Hund knurrt? Klar, das muss an der „harten“ Erziehung liegen. Wobei „hart“ bedeutet, dass sich Menschen erdreisten, sich ihres normalen Wortschatzes zu bedienen.

Ein „Nein“ ist also eine brutale Einwirkung auf die arme Canidenseele. Ok. Würde man öffentlich so einen Blödsinn über Kindererziehung verzapfen, käme das Jugendamt. Am Anfang fand ich diese völlig humorlosen und hysterischen Damen noch irgendwie witzig. Mittlerweile geht die gegenseitige Selbstminimierung in Sachen inakzeptable Handlungen soweit, dass ich empfehlen würde, die grünen Schleifen mal auf Pestizide hin zu untersuchen. Eeeeaassy.

Als Qualifizierung muss dann auch mal der Realschulabschluß hinhalten, wenn es für eine Ausbildung nicht gereicht hat und als Referenz für das errungene Fachwissen wird dann ein Abend „Deutsch-Hund – Hund-Deutsch“ mit Martin Rütter rausgekramt. Wobei – wenn ich das recht verfolgt habe, ist mittlerweile ja sogar der Traumschwiegersohn unter den Hundetrainern als Gewaltverbrecher verschrien, weil er es tatsächlich wagt, Hunden etwas zu verbieten. Verrückte Welt, vor zehn Jahren stritt sich die „Wattebauschfraktion“ mit den „Hardlinern“. Heute verläuft die Grenze nicht mehr zwischen Hart und Zart, sondern zwischen Hirn und Hohl. Darauf einen Marker.

Aber wie gesagt, EIGENTLICH wollte ich vom Leber ziehen. Aber ich habe ja zur Zeit den Teufel im Haus. Da kommt man ja zu nix. Arco. Nennt sich Welpe. Das ich nicht lache.

Arco verbringt seine Freizeit damit, zu „spielen“, zumindest ist das seine Meinung. Meine anderen Hunde nennen es Schmerz. Gestandene Hütehunde und 65-Kilo Molosser suchen das Weite, sobald Klein-Arco die Arena betritt und sagt: „Lass uns spielen, ich habe Welpenzähne und ich weiss, wie man sie einsetzt.“ Natürlich lassen sich die Großen das nicht unbedingt gefallen. Aber genau in diesem Punkt wird der Unterschied zwischen einem „Harzer Fuchs-Welpie“ und einem „Deutschen Schäferhund-Baby“ deutlich.

Wenn ein DSH-Welpe auf die Mütze kriegt, jault er auf und schleppt sich beleidigt in die Ecke. Arco jault auf, knurrt und beisst seinem Kontrahenten kräftig in die Lefze. Aber richtig, mit Blut.

Meine Hunde schauen mich an und scheinen zu mich anzubetteln: „Bitte, gib den wieder weg. Wir werden auch nie wieder an die frischgepflanzte Hecke pinkeln.“ Zu spät, die Hecke ist hin, das meine Rache. Trag es wie ein Rüde!

Die Nacht verbringt Arco damit zu kläffen. Aber nicht dieses „ich bin ein Welpe, holt mich hier raus.“ sondern vielmehr „Du blöde Drecksau, wenn ich dich kriege bistdu fällig“. Schlaf ist mit einem Hund wie Arco überbewertet und Wände sind dazu da, sie mit dem Kopf zu durchbrechen.

Ich mag ja solche Hunde. Und ich will ja nicht vom Leder ziehen … Und eigentlich ist Arco ja ein Gooooooodboooi.

Vernunft

arko

Da steht er nun und guckt mich an. Ich habe ihn „Zu verschenken“ getauft, weil ich den Gedanken witzig finde, „Zu verschenken“ zu rufen, wenn er mal ausbüxt. Und ausgebüxt ist er schon, zwei-, drei oder waren es dreizig Mal? Und nicht nur das. In den paar Tagen, in denen er bei mir ist, habe ich schon ein paar mal überlegt, eben das zu tun – den Hund dem Nächstbesten zu schenken, der ihn haben will. Aber als Tierschützer tut man sowas nicht, wir suchen ein Zuhause, aber ein schönes.

Eigentlich heisst er Arko und ist ein Harzer Fuchs. Das er vom Schäfer kommt, beweist sein Rufname. Denn so wie fast alle Familienhunde Luna oder Ben heissen, heissen die Hunde der Schäfer Prinz, Luchs oder eben Arko, wenn sie Rüden sind und Hexe oder Asta, wenn sie Hündinnen sind. Schäfer Franz hat mich gefragt, ob ich nicht jemanden kenne, der einen Hund sucht. Er hätte da einen Welpen abzugeben. „Eins von den Hundsweibern, Du weischt scho‘. Du kennst doch genug V’rückte.“ Welpen gehen immer, sie sind sozusagen die Cash-Cows des Tierschutzes. Der wird schnell ein Zuhause finden.

Arko ist jetzt 9 Wochen alt, aber das hat ihm keiner gesagt. Als er meine Hunde kennengelernt hat, ist er breitbeinig wie ein Gangsta-Rapper durch die Gruppe stolziert, die Rute oben, das Ego auch. Fremde Hunde werden angeknurrt und Futter wird verteidigt. Die anderen sind größer und stärker? Scheissegal, so etwas wie Furcht kennt Arko nicht. Genauso wenig wie Respekt oder Rücksicht. Und mit 9 Wochen schon die Rüden besteigen kann er auch. Bekommt er dann eine passende Antwort, dann quietscht er kurz, schüttelt sich und macht weiter, als wenn nichts gewesen wäre.

Wenn ihm etwas nicht passt, dann protestiert er, in dem er knurrt. Wenn das nicht reicht, dann beißt er zu. Kann er nicht zubeißen, dann kläfft er. Sehr ausdauernd. Willkommen im Debattierclub.

Diesem Hund bei seiner Entwicklung zuzusehen hat etwas von einem Autounfall. Man kann kaum hinsehen, muss aber. Denn wenn man eine Sekunde wegschaut, baut er Mist.

Mein erstes Erlebnis mit Arko war, dass er auf meinen Schoß geklettert ist, um mir dann auf die Hose zu kotzen. Mein zweites war, dass er ganz und garnicht welpentypisch laut kläffend hinter einer Joggerin her ist. Während unseres dritten Erlebnisses war ich nicht mehr verwundert, als er sich in Bad Schwalbach knurrend einem Rottweiler in den Weg gestellt hat. Und das er mir dann folgerichtig in die Hand gebissen hat, als ich ihn vor seinem sicheren Ende bewahren wollte, lag eigentlich auf selbiger.

Arko ist das, was man einen Arschlochhund nennt. Dieser Fellhaufen hat schon jetzt so viel Testosteron, dass ich wetten könnte, dass zwei Rüden an seiner Zeugung beteiligt waren. Arko ist quasi der Chuck Norris unter den Welpen, wenn der mal groß ist, landet er nicht im Tierheim, sondern im Gefängnis.

Ich bin welpenresistent, das Kindchenschema zieht bei mir nicht. Ich finde Welpen nicht besonders niedlich und außerdem nerven sie. Überall, wo man mit ihnen auftaucht wird man von fremden Menschen vollgequatscht. „Ist der süüüüüss.“ Würg. Bei Arko ist das etwas anders. Zwar kommen die Menschen mit dem „S-Satz“, aber nach einigen Minuten weicht der debil-verliebte Blick einem erstaunt-ratlosen und man hört man Dinge wie „Der hat aber ganz schön viel Energie.“, „Uiii, der ist aber frech.“ und manchmal auch „Aua, der hat mich gebissen.“

Und nun steht er da und guckt mich an. Heimlich habe ich ihn „Meiner“ getauft, aber das wäre unvernünftig, nein, dumm! Und ich weiß, wie F. das finden würde. Und sie hat recht. Ich hasse es.

Paul, der Labbi-Mix (21)

Nach 18 kommt bekanntlich 19, außer hier, da ist die 19 … Jaja, die Müdigkeit …

Paula schaute Michael mit großen Augen an. Dann würgte sie kurz, spukte einige Federn sowie etwas unbeschreibbares fleischiges auf den Teppich, drehte sich um und ging in ihren Korb. „Na toll“ dachte Michael. Gerade hatte er, nachdem er sich einen längeren Monolog über Zäune, Hunde, Geflügel und den Wert eines edlen Zuchthahns anhören musste, einem Landwirt aus der Nachbarschaft einige Tiere ersetzt, die Paula auf ihren letzten Ausflug erlegt hatte.

Mittlerweile hatte er Routine. Eigentlich verlief es immer ziemlich ähnlich. Paula büxte aus, killte irgendein kleineres Nutztier aus dem Dorf, Michael entschuldigte sich vielmals und suchte die Lücke im Zaun, die er dann reparierte. Kaum zu glauben, dass so ein großer Hund durch so kleine Löcher im Zaun kommt. Ebenfalls Routine hatte Michael hinsichtlich tagesaktueller Preise für Geflügel.

Wenn nicht gerade ein Huhn oder ein Kaninchen dran glauben musste, entpuppte sich die Hündin – ganz Herdenschutzhunduntypisch, so dachten zumindest Michael und Sabine – als sehr geschickte und schnelle Jägerin. Sehr zum Leidwesen der ansässigen Jäger. Nach vier Stunden Beobachtung des Wildes auf dem Ansitz hatten diese relativ wenig Verständnis für eine wildkläffende Paula, die das Wild quer durchs Revier hetzte und damit für einen ansonsten sehr ruhigen Restabend sorgte.

So dauerte es auch nicht lange, bis die ersten Jagdausübungsberechtigten wüste Drohungen in Richtung Paula ausstiessen. Es half alles nichts. Paula brauchte einen Hundetrainer. Das was bei Paul gründlich in die Hose gegangen war, sollte diesmal fachmännisch und kompetent aus dem Zusammenleben gebannt werden. Erster Schritt im Projekt „Angenehmer Familienhund“ war dann auch eine Auflistung der Dinge, an denen gearbeitet werden sollte.

Eigentlich war Paula nämlich eine ganz liebe, und es waren auch eher Kleinigkeiten, die Michael und Sabine störten.

Zum Beispiel ließ Paula sich nicht besonders gut abrufen. Und wenn sie dann mal kam, ließ sie sich nicht besonders gut anleinen. Sah sie einen anderen Hund, so ließ sich dieser im Allgemeinen nicht mehr besonders gut abrufen, da er in Sorge um seine Gesundheit die Flucht ergriff. Und wo wir schon beim Thema „Flucht“ sind – die ergriff seit einiger Zeit auch besser der Paketbote, wenn Paula im Garten war. Denn irgendwann hatte diese seinen Trick – Leckerchen über den Zaun werfen und die Ablenkung nutzen, um das Paket abzustellen – durchschaut und den armen Mann im wahrsten Sinne des Wortes an die Wand gestellt.

Eigentlich erstaunlich, denn ansonsten fraß die die Hündin wirklich alles, was ihr in den Weg kam. Zwei Grillabende und ein Teenagergeburtstag waren Paulas unbändigen Appetit bereits zum Opfer gefallen. Außerdem die bereits erwähnten vier Hühner, ein wertvoller Hahn (der konnte zwar gerettet werden, zeigt seitdem aber kein Interesse mehr an seinen Hennen), eine Katze unbekannter Herkunft und ein Zwergkaninchen.

Wie schon damals bei Paul war Sabine bei der Suche nach einer Hundeschule wieder sehr erstaunt, wie viele es davon gibt. Gut, die mit denen sie damals Kontakt gehabt hatte, waren samt und sonders verschwunden, aber dafür schien es doppelt so viele neue zu geben.

So ziemlich jede Hundeschule versprach nach den neuesten wissenschaftlichen Methoden zu arbeiten, hatte ein riesen Beschäftigungsangebot und alle versprachen, aus jedem noch so unerzogenen Rüpel einen netten Begleithund zu machen. Und alle deckten von A bis Z alles ab, quasi von Angst bis an der Leine zerren. Sabine war etwas ratlos und wollte gerade aufgeben. Schliesslich hatte es mit Paul letztlich ja auch ohne Hundeschule geklappt. Gerade in dem Moment, in dem Sabine mit einem „Das kriegen wir schon hin.“ ihr Notebook zuklappen wollte, hörte sie von draussen einen Hilfeschrei. Sie eilte durch den Flur zur Haustür und sah das Drama.

Zwei Zeugen Jehowas hatten das Grundstück betreten und nicht bemerkt, dass Paula vor der Haustür lag und schlief. Der junge Mann mit dem dunkelroten Pullunder saß auf seinem Hintern, um in rum lagen jede Menge „Wachturm“-Heftchen auf dem Rasen verstreut. Die etwas ältere Dame presste sich in den Maschendrahtzaun und blickte Paula entsetzt an, die an ihr hochsprang und ihr recht unsanft „Küsschen“ gab. „Paula, kommst du wohl her!“ brüllte Sabine erschrocken, doch Paula dachte nicht dran. Stattdessen nahm die Hündin ordentlich Schwung und rannte einmal quer durch den Garten. Ihr Gesichtsausdruck hatte dabei etwas von einem „Du kriegst mich doch eh nicht“ …

Am Abend, als Sabine Michael von diesem Erlebnis berichtete, lachte dieser sich halb schlapp. Zugegeben, es hatte schon etwas witziges an sich, wie die beiden ungebetenen Besucher von Paula „begrüßt“ wurden und Sabine hätte nie gedacht, dass auch Zeugen Jehovas fluchen können.

Trotzdem, so ging es echt nicht weiter, am nächsten Tag würde sie sich nach einer Hundeschule umsehen.