Tacker und ich
Man sagt ja, dass es die kleinen Momente mit „Ecken und Kanten“ sind, die einem in Erinnerung bleiben, wenn man später an die gemeinsame Zeit mit dem Hund denkt, wenn er mal nicht mehr ist. So gesehen bin ich ein glücklicher Mensch, denn ich werde ich viele, viele Erinnerungen an Tacker behalten.
Andere Hundetrainer haben einen Mali, der nahezu in manifestierter Genickstarre seinen Besitzer anhimmelt. Oder einen Deutsch Drahthaar, der als lebendiger Beweis für die Qualitäten des Trainers jedem Reh maximal geringschätzendes „Pff“ entgegenbringt. Häufig auch einen Australian Shepherd, der jeden noch kleinen Blick mit unendlicher Dankbarkeit und tausend Kooperationsangeboten erwidert. Oft trifft man auch auf ganze Podenco-Galgo-Kombos, die das tierschützerische Engagement des Menschen unterstreichen und edel und würdevoll daherschweben
Nunja, ich habe Tacker – der seinen Namen daher hat, dass er mir bereits am ersten Tag unseres gemeinsamen Lebens herzhaft in die freundschaftlich entgegengestreckten Hände gebissen hat.
Eigentlich verläuft Tackers und mein Leben einigermaßen reibungslos. So lange ich ein Auge auf ihn habe, taugt er sogar zum vorzeigbaren und wohl erzogenen Angeberhund, den jeder Hundetrainer haben sollte. Aber wehe wenn nicht …
Tackerchen ist ein altdeutscher Hütehund, genauer gesagt ein Mitteldeutscher Tiger. Er hat ein bisschen Hüteerfahrung, was bedeutet, dass er Furche laufen kann. „Kann“ wiederrum bedeutet, dass er das nur so lange tut, bis keiner hinguckt.“Nicht Hingucken“ kann als Synonym für so ziemlich alles genutzt werden, was nicht der 100 Prozentigen Laser-Augen-Fixierung mit „Wag es“-Blick entspricht.
Vergisst man diesen Grundsatz auch nur einen Moment und wagt es zum Beispiel auf die Uhr zu gucken, ist Tackerchen blitzschnell dabei, dem nächstgelegenem Schaf seiner Wahl klarzumachen, warum er der Hund und das Schaf das Schaf ist.
Glücklicherweise hat Tacker einen guten „Griff“, macht nur ein bisschen Wirbel in der Herde, jagt ein bisschen hie und da, richtet aber keinen Schaden aber. Naja, zumindest nicht an Schafen. Anders sieht das aus, wenn jemand es wagt, das Grundstück zu betreten und ich das gerade nicht mitbekomme.
Nun haben wir sage und schreibe fünf (!) „Vorsicht bissiger Hund“-Schilder am Zaun und am Tor angebracht. Was den DPD-Boten allerdings nicht die Bohne zu interessieren scheint. Ich habe schon überlegt – ähnlich wie bei den Warnhinweisen auf australischen Zigarrettenschachteln Bilder von Bissverletzungen ans Tor zu hängen. „Betreten ohne Klingeln gefährdet Ihre Gesundheit“ Todesmutig kommt der Bote wie selbstverständlich aufs Grundstück – Tor und Schleuse ignorierend läuft er in sein Unglück geradewegs 10 ernsthaften Hunden entgegen. Ist der Mann todessehnsüchtig?
Tackers Spezialität ist es, sich dem Delinquenten von hinten anzuschleichen, blitzschnell in dessen Hintern zu beissen und schneller abzuhauen, als der Betroffene überhaupt merkt, wie ihm geschieht. Nun benutzt der DPD-Mann die Klingel.
Ähnlich verhält es sich, wenn Tacker im Hochdachkombi sitzt und ich weiter als 10 Meter entfernt bin. Kommt ein unbedarfter Passant des Weges, geht mein Hund in Deckung, passt den richtigen Moment ab und – Zack – pöbelt, dass der Caddy wackelt.
Kreischende junge Frauen, verschreckt zur Seite springende gestandene Männer – Tacker findet das sauwitzig. Seitdem ich Tacker habe, fahre ich ohne Werbung auf dem Auto …
Mit Artgenossen verteht mein Rüde sich prächtig, vorausgesetzt, sie haben Verständnis für seinen speziellen „Willkommen-in-meinem-Freundeskreis-Initiationsritus“. Zukünftige Freunde kriegen erstmal ordentlich einen auf die Mütze – danach kann man ja immer noch spielen! Wenn die sich Kumpels in Spe davon nicht beeindrucken lassen, schrumpft Tacker in Sekundenschnelle auf Dackelgröße zusammen und mimt den Schleimer – Alles nur Spass, man kann es ja mal probieren.
Abgesehen von den Löchern in den Händen wird mir der erste Tag mit ihm auch sonst in lebhafter Erinnerung bleiben. Nach gefühlten 10 Stunden Autofahrt durch die niedersächsische Prozinz, stand da der Schäfer, der in seinem Auto zwei junge Rüden und die dazugehörigen Elterntiere sitzen hatte:
„Wie alt sind die?“
„Gut 5 Monate.“
„Haben die einen Namen?“
„Nö.“
„Gibt es einen Impfausweis?“
„Nö.“
„Sind die entwurmt?“
„Muss ich meine Frau fragen.“
„Was sollen die kosten?“
„500.“
„Nö.“
Eine Stunde und eine längere Diskussion später hatte ich meinen Verhandlungspartner davon überzeugt, dass sich seine Vorstellungen, was den Handel mit Hunden angeht, von meinen deutlich unterscheiden. Tacker selber saß im Kofferraum und machte sich während der Rückfahrt an die Arbeit, den Stoffbezug von der Rücksitzbank meines Firmenwagens abzufressen. Mit Erfolg.
Mittlerweile ist Tacker in der Pubertät, wie man so schön sagt. Flegelphase, Frechdachs, Lausbub … Kleines Arschloch.
Ich glaube, wäre Tacker ein Kind, dann wär sein Name Thorben-Pascal oder Kevin-Henrik und wir wären Stammkunden in der Notaufnahme. Tacker wäre eines von den Kindern, die nur aus Prinzip auf die Herdplatte greifen, unglaublich dämliche Dinge mit Fahrrädern in der Nähe von stark befahrenen Straßen anstellen, zusammengefasst also nur Quatsch im Kopf haben und dennoch immer irgendwie durchkommen.
Sei es, weil sie schnell genug abhauen oder eine gute Ausrede haben. Vor allem aber, weil sie so unverschämt charmant und unschuldig gucken würden, nachdem sie gerade einen halben Stadtteil in die Luft gesprengt haben.
Das Feuerzeug in der Hand, voller Ruß im Gesicht, aber mit einem absolut ernstgemeinten „Hast Du mich noch lieb?“-Blick.
Ja, Tacker, hab‘ ich!
Sehr genial geschrieben … Konnte mir das schmunzeln nicht verkneifen 🙂
Herrlich, ein Hund mit Charakter. 😛 😛
Wer keine kleinen Kinder mehr hat schafft sich einem Hund an, Kinder benutzen den Beißring, Tacker Deine Hände, versuche mal! Jetzt kannst du zurückbeißen!
Genial geschrieben! So sind sie und so sollen sie sein. Immer für eine Überraschung gut und geniale Trainer für Herrchens und Frauchens Sinne. Sowas bekommst Du in keinem Fitnessstudio 😉
Traumhaft schönes Tier, dein Tacker! Und der Blick lässt keine Furcht aufkommen. Ich verstehe, den DPD-Mann. Vorher und nachher. *lach*
Ich klopf mir bei solchen Texten seit 4 Jahren immer auf die Schultern und sage mir: „Was hast du ein Schwein gehabt, dass du ein graues BamBam erwischt hast.“ Denn ich hab eigentlich gar keine Lust auf ein kompliziertes Hundeleben. Aber man weiß schließlich nie, was man sich da aus dem Tierschutz geangelt hat, bevor „es“ sich zuhause sicher fühlt und seinen wahren Kern zeigt, bzw. bevor „es“ beginnt, beim Pinkeln das Bein zu heben und zu sagen „Ich bin jetzt ein Kerl, du hast mir jetzt gar nichts mehr zu sagen“. Letzteres geschah bei uns. Ich bemühe mich seit dem ständig um Durchsetzungsvermögen. Zum Glück ist unser Problem nicht schwerwiegend oder gefährlich für andere, denn er ist ein Schaf im Wolfspelz. Aber nicht dass jetzt einer meint, so ein Wolfsschaf wär total langweilig. „Es“ beschrieb unser Problem kürzlich so: „Ich lauf eigentlich nicht weg, ich komm bloß nicht zurück!“ Und damit hat man Spaß genug. 😉
Ich weiß nicht, was du hast- ich hatte einen absolut charmanten Tacker im Ärmel !
(hach, nettes Wortspiel in diesem Zusammenhang..)
Das zählt nicht, er hat nur gemümmelt 😉
Zu schön! Und: Wie aus meinem Leben! Noch so ein toller Hund, ich bin schon mal unbekannterweise Tacker-Fan! Mein Tacker ist weiblich, schafpudelig. Ist jetzt 7 Jahre. 7 tolle Jahre(die Verzweiflung die ich zwischendurch empfunden habe, habe ich verdrängt)! Dieses von hinten in den Hintern gibt schöne große blaue Flecken. Können z.Bsp. meine Nachbarn ein Lied von singen. Dieses ständig Auge drauf haben schärft die Sinne, die Reaktionsfähigkeit. Die Kreativität dieser Hunde ist einfach grenzenlos. Wir hatten dann noch „nebenbei“ inhaftierten Besuch auf der Toilette, ein gekiddnapptes Postauto, ein …ach ich höre lieber auf. Aber für mich an den Schafen ein Traumhund, alles im Blick, aufmerksam – Ok auf jemand anders hört sie sowieso nicht. Danke für diesen Bericht!
:), haben einen schwarzen „Tacker“ vom Tierschutz übernommen, die sind so ;), zum Glück…
Eine wirklich gelungene Beschreibung Deines Hundes.
Und beim lesen Deine Beitrags war mir klar: Tacker ist nicht nur eine Augenweide, und Deine Beschreibung lässt den Klaufaktor noch weiter steigen.
Tut mir leid, aber Tacker passt genau in mein Beuteschema.
Wo wohnst Du noch, sagtes Du? *kicher*
Ich wünsche Dir noch viele, viele schöne Jahre mit Deinem Tacker.
Mich würde mal interessieren, warum du dich gerade für diese Rasse entschieden hast und im Speziellen, wie bzw. warum du gerade Tacker ausgewählt hast.
In der Kurzfassung lesen sich 10 Stunden Fahrt und 1 Stunde Small Talk nicht nach dem idealen „Ich-suche-einen-Hund-für-mich“ Ablauf an. 😉
Eigentlich mussten Tacker wie sein Bruder dringend vermittelt werden, da der Schäfer seinen Betrieb aufgeben musste. Erst vor Ort wollte der Mensch Geld für die beiden Hunde haben.
Nachdem Tackerchen mir so herzhaft die Hände gelöchert hatte, war ich auf der Stelle verliebt. Und ein Altdeutscher Hütehund, weil meine Dogge kein Interesse an Schafen hat 😉
Ich liebe die Geschichten / Berichte.
Was ein schöner Bericht. Endlich ein leidgenosse gefunden, der auch noch Trainer ist, ich bin also nicht alleine.
Mein „Tacker“ ist ein Euskal Artzain Txakurra. Ich liebe ihn, und ich weiß von was du schreibst.
Gerne mehr davon.
aber tacker heisst eigentlich charly und ist meine dackelmixige giftspritze 🙂 um nichts in der welt würde ich ihn wieder hergeben 😉
Mein Tacker ist Schafpudel Bolle.
Ein paar Ausnahmen, den Kopf in den Wolken und mein Bolle weiß: Geht doch !
Knutschbacke, Clown, Freund aller Kinder und Besucher. „Der kann auch anders“ glaubt Keiner, bis er den Raubratz mal in Aktion erleben musste. Supergau „Tackern“ ist einmal passiert.Glück gehabt, ein verständiger Mensch und den „schadlosen Griff “ hat er mit 2 blauen Malen am Knie überstanden.
Unser Beider + ist eine erfahrene Hütehundverstehertrainerin und kluge Hütehundmenschen, mit denen es immer was zum Lachen und zu Ratschen gibt… ohne die Verbündeten wäre es ein Desaster statt der großen Liebe geworden. War sehr befreieind zu lesen, das auch Norman und Tacker und Andere an Baustellen ackern müssen. Das hört auch nie wirklich auf, weiß ich inzwischen. Die gut erzogene Ma von meinem Bolle – inzwischen 12 Jahre alt – ist immer noch für Überraschungen jeder Richtung gut.
Mir hat mal ein Typ nach Schilderung des Wesens gesagt: “ Ich kann keinen Hund brauchen, der klüger ist als ich.“ Wären doch mehr Leute soo klug, das zu erkennen. Dann gäbe es zwar weniger Hütehunde, aber auch nicht so viele Notfelle.
Habe auch in den anderen Beiträgen gestöbert und mich sehr amüsiert…. befremdliche Hundehalter, selbsternannte Hundepüschologen und vermeintliche Tierschützer … Kann man nur mit Humor ertragen.
Ich glaub ich hab ihn ihr als Border collie Mädel dasitzen! Die zwei wuerden gut zusammenpassen und sich in manchem ergänzen „lach“
Haha…das ist echt super geschrieben. Erinnert mich so an mein Schafpudelmix (ich wollte eigentlich nie ein Hütehund) der momentan gerade in der Flegelphase ist.
Und jaaaa….ich weiß, dass das schon älter ist. Doch ich bin erst vor kurzem auf dich gekommen und arbeite jetzt alles auf.
Jetzt ist Tacker ja aus der Flegelphase raus. Wie ist er denn jetzt so?
Beim lesen dachte ich gerade, ich muss die weibliche Form von Tacker hier neben mir sitzen haben. Bilder werden mir leider nicht angezeigt, aber Tigerblick ist etwas besonderes. Also ab auf die Schulbank (ich) und weiter büffeln und mit Tiger üben, damit wir nach der Flegelphase vlt nicht mehr so geächtet sind im Dorf. Und sparen für einen Workshop bei Dir.