Paul, der Labbi-Mix (13)
An diesem Abend diskutierten Michael und Sabine bis weit nach Mitternacht. Michaels Argumente waren gut, fand er. Um genau zu sein brachte er genau die Argumente vor, die bis heute mittag noch von Sabine gestammt hätten, wenn man sie nach der Anschaffung eines zweiten Hundes gefragt hätte. Doch jetzt hatte sie für jedes seiner Argumente eine passende Antwort – und wenn nicht, dann verwies sie darauf, wie süß die kleine gewesen sei.
Am Tag drauf probierte Michael es mit einem Machtwort, scheiterte aber kläglich. Am Dienstag drohte er mit Scheidung, am Mittwoch flehte er Sabine an, am Donnerstag simulierte er eine Haustierhaarallergie, am Freitag versuchte er mittels großer Versprechen die Kinder auf seine Seite zu ziehen, am Freitag sprach er kein Wort mehr mit Sabine, am Samstag appellierte er an ihre Vernunft und am Sonntag holten die beiden schliesslich den Welpen ab.
„Pfff“. Paul schnupperte skeptisch an dem kleinen Welpen, der darauf versuchte, mit den Pfoten an ihm hochzuklettern. „Pfff.“ Paul schubste diesen gescheckte Plüschtier um und inspizierte in Ruhe den nackten Bauch der kleinen Hündin. Sabine war entzückt. „Pfff.“ sagte auch Michael auf die Festellung, dass die Kleine ja sooooo süß sei. Ihn hatte eh keiner gefragt und so tat er ein bisschen so, als wenn er beleidigt wäre. Aber das glaubte ihn keiner. Schon alleine die Tatsache, dass er den Fellball kurz gestreichelt hatte, brachte ihm die unumstößliche Tatsachenbehauptung ein, dass er mit der Entscheidung doch einverstanden wäre.
Das Paula, wie Sabine den Nachwuchs getauft hatte, auf dem Weg nach Hause in Michaels heiligen Bulli gekotzt hatte, konnte er noch verschmerzen. Dass Paula seine Hausschuhe zerlegt hatte, ging auch noch in Ordnung. Als Michael sein Notebook in hohen Bogen durch das Wohnzimmer fliegen sah, weil Paul sich im Spiel mit Paula im Kabel verfangen hatte, bekam er leichtes Kopfweh. Als ihm kurz darauf einfiel, dass er schon seit Wochen kein Backup mehr gemacht hatte, ereilte ihn dieser stechende Schmerz direkt an den Schläfen. Und an dem Tag, an dem Michael den hellen Teppich aus Felix‘ Kinderzimmer rausreissen musste, weil Paula sich drauf verewigt hatte, wiederholte er leise aber stetig, um sich zu beruhigen „Es wird alles gut, es wird alles gut …“
An dem Abend, an dem Michael kurz nach Mitternacht nach Hause kam, weil er gedacht hatte, so ein kleiner Hund haut schon nicht ab, legte er sich aufs Sofa und hätte am liebsten geheult. Dann kam Paula, kletterte an ihm hoch und leckte im das Gesicht ab. Er musste lächeln. „Du bist schon eine süße.“ sagte er sanft und schaute den Welpen an. An Paulas Lefzen hing ein Fitzelchen Papier. Michael inspizierte es und sprang auf: „Äöörgs.“ Klopapier.
Ein Welpe will erzogen werden und die ersten beiden Dinge, die Paula lernen sollte, waren Stubenreinheit und das Akzeptieren der Leine. Beides gestaltete sich etwas, nunja, schwierig. Zwar verrichtete der kleine Hund brav draussen sein Geschäft, aber nur wenn es nicht regnete, nicht zu windig war, nicht zu kalt, zu warm, zu feucht oder zu trocken. Dann nämlich sah Paula überhaupt nicht ein, warum sie nach draussen müsse, wenn man doch genauso gut auf den Teppich im Flur pinkeln könne.
Sabines Versuche, Paula mit Locken, Loben und später auch verzweifelten Bitten beim Anflug eines – in Paulas Augen – Unwetters vor die Tür zu bewegen, sorgten bei Erika für heftige Lachattacken. Von wegen, trotz dieser Probleme wurden die Pfützen im Haus weniger und im Garten mehr. Und irgendwann war Paula stubenrein. Zumindest dachte das Sabine bis zu dem Tag, an dem sie unten im Keller links neben der Tiefkühltruhe Paulas Toilette vorfand. „So ein Mistvieh“ fluchte Sabine und sorgte ab dem Moment dafür, dass die Kellertür verschlossen bleibt. Nach Drei Wochen schliesslich war das Ziel erreicht und nur wenige Wochen später hatte Paulas Bauch genügend Fell, um sich den Witterungen freiwillig zu stellen.
Ganz ähnlich verhielt es sich mit der Gewöhnung an der Leine. Ohne klappte es super, die junge Hündin tapperte ihren Menschen oder Paul hinterher. MIT Leine verwandelte sie sich in den störrischen Esel, den sie von ihrem Vater geerbt haben musste. Wenn man sie dann von der Leine befreite, erlebte man sein blaues Wunder und Klein-Paula machte sich, die Freiheit geniessend, auf und davon.
Um dem Schicksal eines jeden angeleinten Hundes zu entgehen, entwickelte die Hündin die Strategie der Prävention. Wenn es nämlich keine Leine mehr gäbe, dann könne sie auch keiner anleinen, dachte sich Paula wohl und schaffte es, jede noch so raffiniert versteckte Welpenleine ausfindig zu machen und zu zerstören.
Ansonsten verlief das Leben der Familie einigermaßen normal. Die Eltern brachten alles in Sicherheit, was der kleine Hund kaputtmachen könnte und die Kinder ließen jeden Gegenstand, den der kleine Hund kaputtmachen könnte, irgendwo liegen. Im Laufe der ersten Wochen fielen Paula drei Leinen, zwei Geschirre, fünf Kuscheldecken, zwei Hundebetten, die Fernbedienung vom Fernseher, noch eine Fernbedienung vom Fernseher, drei einzelne Schuhe, vier ganze Paar Schuhe, Maries Teddybär, Pauls Kauseil, Michaels Handy, Sabines Cardigan, ein Schlüsselanhänger, dessen Schlüssel nie wieder gefunden wurden, ein Sofakissen und alles, was essbar ist zum Opfer. Alles in allem also eine ganz normale Welpenbilanz
„Nie wieder wird es so schlimm wie heute.“ versuchte Sabine Michael zu beruhigen, während dieser versuchte, das Teleobjektiv seiner Kamera zu reparieren. „Und schau mal, jetzt ist sie ganz ruhig und schläft.“ Das war der Abend, an dem Michael auffiel, dass Paula genauso laut schnarchen konnte, wie ihr Vater.
Um dem „Monster“, wie Paula liebevoll genannt wurde, Herr zu werden, besuchte Sabine einen Welpenkurs, der versprach, den jungen Tieren und natürlich ihren Besitzern das „Einmaleins der Erziehung“ beizubringen. Und Sabine war beeindruckt, wie gut die Hunde „Sitz“ konnten und wie sie sich – gutes Timing vorausgesetzt – auch schon abrufen ließen. Naja, alle außer Paula.
Im Laufe der Zeit hatte sich nicht nur Sabine, sondern auch die anderen Teilnehmer daran gewöhnt, dass Paulinchen sich als Rampensau der Welpengruppe entpuppte. Während die anderen Hunde bereits erwartungsschwanger vor ihren Besitzern hockten, krabbelte Sabine noch durch den Agility-Tunnel, um Paula einzufangen. Sagte sie „Sitz“, antwortete Paula „Nö.“ Rief Sabine „Hiiiier!“, dann fasste Paula dies als Aufforderung auf, wegzurennen. Und während alle anderen über die Wiese tobten, benahm sich Paula wie eine lebende Bowlingkugel. Der Sheltie da? Kein Hindernis! Dong, und der Sheltie war aus dem Weg geräumt. Auch Schäferhundwelpen waren für Paula besonders dann interessant, wenn sie wie Kegel auseinander plumpsten.
Sabine war sich sicher. Hätten Hunde einen Mittelfinger, Paula würde ihn ihr zeigen. Glücklicherweise waren alle sehr verständnisvoll.
Völlig anders verhielt es sich bei Michael. Sagte Michael „Komm her“ stand der Paula sofort parat, Sagte Michael „Sitz“, Buff, der dicke Hintern schleuderte zu Boden, dass alle auf dem Hundeplatz neidisch wären. Sabine ärgerte das ein wenig. Michael beachtete den Welpen kaum und beschäftigte sich nur mit ihm, wenn er gerade Zeit und Muße hatte. Sie jedoch gab sich alle Mühe, machte sich für Paula in der Hundeschule zum Affen und schliesslich war sie es auch, die meistens mit der Kleinen und Paul rausging.
„Undankbares Biest.“ dachte sie sich, während Michael ihr stolz verkündete, dass Paula jetzt „Pfötchen geben“ konnte.
(Fortsetzung folgt)
jawoll, wieeeeee im richtigen Leben!
So isses und nicht anders, einfach wunderbar 🙂
Bitte, überarbeitet den Text …. es sind so viele Fehler enthalten *autsch* ich wünschte mir, daß ihr soviel Energie in den Rest steckt. Vielen Dank fürs zerrupfen !
Awwww
Sooooo Süssisüssisüss. 😀
Ja ja so sind se.
Gott wie ich die Welpenzeit gehasst habe und wenn ich heute daran denke war’s die beste Zeit….
Mysteriös
Also ICH hatte einen Streberwelpen…nur 6 Pfützen insgesammt und EIN angekautes Stofftier.
Selbst das abgefressene Plastikauge hat sie nicht gefressen, sondern artig abgelutscht daneben gespuckt.
Dafür bin ich jetzt bei Kundenwelpen immer furchtbar genervt. 😉
Genau so sind sie die Hundlinge…sehr schön geschrieben !