Podcastfolgen

Podcasts sind eine tolle Sache. Man kann sich in aller Ruhe anhören oder sogar ansehen, was andere Menschen zu bestimmten Themen zu sagen haben. Und die Menschen haben oft eine Menge zu sagen.

So auch ein bekannter Kollege, der sich vor einigen Tagen in einem Podcast über Schutzhundesport geäußert hat, was wiederum für heftige Reaktionen im Alte-Leute-Netzwerk „Facebook“ gesorgt hat.

Die Kernaussage der Kritik lautet, dass der Kollege Hunde, die im Schutzdienst trainiert werden, pauschal als gefährlich dargestellt hat.

Die Reaktionen im Netz fallen erwartbar aus. Diejenigen, die (Schutz-)hundesport betreiben, schimpfen über ihn, der ja keine Ahnung haben kann, weil er noch nie einen Hund erfolgreich durch eine Prüfung geführt habe.

Die anderen sind sich sicher, dass auf allen Hundeplätzen der Republik in tierquälerischer Absicht Hunde geknechtet werden und dieser Hundesport verboten gehört.

Also, wird ein Hund gefährlich, weil er im Schutzhundesport trainiert wird?

Ein ganz klares Nein! Aber!

Wenn ich einen Hund mit Blick auf eine eventuelle Gefährlichkeit hin überprüfe, gibt es zwei elementare Punkte, die es einzuschätzen gibt.

Auf der einen Seite das Aggressionsverhalten des Hundes, wobei ein aggressiver Hund nicht zwingend gefährlich sein muss. Ganz im Gegenteil. Wenn ein Hund Drohverhalten zeigt, ist das erstmal sehr nett von ihm. Immerhin gibt er mir zu verstehen, dass ich besser gehen sollte, wenn ich nicht gebissen werden möchte.

Gefährlich wird es im Aggressionsbereich erst dann, wenn der Hund kein Drohverhalten (mehr) zeigt, „reflexartig“ beißt oder das Aggressionsverhalten inadäquat stattfindet. Dass Hunde das zeigen, was oft als Beschädigungsbeißen bezeichnet wird, kommt sehr selten vor.

Damit kommen wir zum zweiten Punkt, nämlich dem, was gerne als fehlgeleitetes Beutefangverhalten bezeichnet wird. Nahezu allen schweren Beißvorfällen in den letzten Jahren lag keine aggressive Motivation zu Grunde, sondern eine jagdliche Motivation.

Ein – gewünschtes – Ergebnis menschlicher Selektion ist, dass Hunde Dinge jagen, die nicht zu ihrem Beutespektrum gehören. Im besten Fall kann dieses Objekt ein Ball sein, im schlimmsten Fall löst der Hund jagdlich auf Menschen aus.

Das Ziel von Aggression ist letzten Endes die Distanzvergrößerung.
Das Ziel von Jagen ist Töten und Fressen der Beute.

Damit kommen wir zum Punkt.

Der Besitzer eines Hundes, der ein Kind getötet hat, hat es vor einigen Jahren bei der Verhandlung des Falles auf simple wie tragische Weise zusammengefasst:

„Der Hund wollte nichts böses tun, er hat den Kopf mit dem Ball verwechselt.“

Nahezu alle aus meinem Bekanntenkreis, die Hundetraining geben, raten den Menschen dringend davon ab, mit dem Hund unkontrolliert Objekte zu werfen oder „Zerrspiele“ zu veranstalten.

Die Betonung liegt auf „Unkontrolliert“.

Hunde müssen nicht, aber sie können als Folge ungünstiger Beschäftigung verlernen, Bewegungsreize zu differenzieren, so dass sie jagdlich auf Artgenossen oder Menschen auslösen.

Diese Hunde sind gefährlich.

Diese Gefährlichkeit wiederum kann durchaus überprüft werden, ohne eine Prüfung absolviert zu haben.

Im Hundesport – und nicht nur im Schutzhundesport – spielt „Beute“ eine große Rolle. Sei es zur Belohnung, Motivation oder als Bestandteil der Aufgabe, die der Hund lösen soll.

Und überall da, wo Beutereize eingesetzt werden, muss das Verhalten des Hundes genau betrachtet und darauf eingegangen werden.

Passiert das nicht, besteht die Gefahr, dass Hunde bei gewissen Reizlagen außer Kontrolle geraten.

Vernünftig angeleitet auf dem Hundeplatz ist diese Gefahr nicht größer als unkontrolliert im heimischen Garten.

Die Sache mit der Zuchthygiene

Die Gebrauchshunderassen, die heute oft in der IGP und im Ringsport eingesetzt werden, neigen rassebedingt dazu, ein erhöhtes Beutefangverhalten zu zeigen.

Diese Verhaltenstendenzen sind gewünscht und im Training mit den Hunden hilfreich.

Das Ziel, möglichst griffige Hunde zu züchten, führt leider auch dazu, dass viele Hunde heute ein extrem dünnes Nervenkostüm haben, was dann mit „Triebigkeit“ verwechselt wird.

Und manche topp motivierte Neuhundebesitzwer*innen haben das Problem bereits auf dem Schoß sitzen, wenn sie den Hof der Zuchtstätte verlassen.

Die Kombination aus ungünstigem Trainingsaufbau und mangelnder Zuchthygiene kann man spätestens dann im Tierheim besuchen, wenn die Hunde ungefähr 18 Monate alt sind.

Damit kommen wir aber zum anderen Punkt.

Wird im Hundesport tierschutzrelevant trainiert?

Wenn ich den Kommentarspalten auf Facebook glauben darf, haben ausnahmslos alle, die Hundesport generell skeptisch sehen, die Erfahrung gemacht, dass auf den Hundeplätzen ausschließlich stachelwürgerschwingende Brutalos unterwegs sind.

Natürlich wird es hier wie in jedem anderen Bereich auch schwarze Schafe geben. Aber.

Der Schutzhundesport in Deutschland hat ein massives Nachwuchsproblem, welches in Teilen natürlich hausgemacht ist.

Noch in den 1980er Jahren gab es in nahezu jedem Dorf eine Ortsgruppe des SV und oft noch eine vom Boxer Klub und vom PSK. Die Trainingsmethoden zu dieser Zeit waren oft sehr ruppig, so dass viele Menschen den Vereinen den Rücken gekehrt haben.

Die meisten Ortsgruppen sind quasi ausgestorben und viele der verbliebenen Hundesportvereine haben ihre IGP-Abteilungen geschlossen, weil sich kaum jemand mehr dafür interessiert.

Um neue Mitglieder zu gewinnen und die Abwanderung bestehender Mitglieder zu verhindern, liegt es im ureigenstem Interesse der Hundesportvereine, nicht mit tierschutzrelevanten Methoden zu arbeiten und bei der Ausbildung auf Motivation und Belohnung zu setzen.

Die Hunde sollen in den Prüfungen freudig arbeiten und die Gesamterscheinung spielt bei der Bewertung eine Rolle. Hunde, die sich in einer Aversion bewegen, werden keine guten Platzierungen erreichen.

Also was?

  • Hunde werden nicht automatisch gefährlich, nur weil sie im Schutzhundesport trainiert werden.
  • In jedem Bereich des Trainings mit Hunden ist Sensibilität gefragt.
  • Um die Gefährlichkeit eines Hundes einzuschätzen, muss man keinen Hund erfolgreich durch eine Prüfung geführt haben.
  • Eine lerntheoretisch korrekte und erfolgreiche Schutzhundesportausbildung kann nicht tierschutzrelevant erfolgen.
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